Wir haben gut die erste Nacht im Zelt geschlafen und sehen zu, dass wir nach einem ersten Campingfrühstück früh loskommen, damit wir irgendwo WLAN finden, um noch ein Hotel in Buenos Aires zu buchen. Die Fähre über den Rio de la Plata hatten wir noch in Montevideo gebucht, beim Hotel ist irgendwie unklärbar, wie hoch der Parkplatz ist und ob wir darein passen. Davon hängt alles ab. Wir fahren bis Colonia del Sacramento, kurz vor dem Hafen eine Tankstelle mit WLAN. Wir versuchen, die Agentin anzurufen, über die das Hotel in MV gebucht war und über die das Hotel in BA gebucht worden wäre, wenn wir zuverlässig gewusst hätten, wann das Schiff mit unserem Auto kommt. Wir erreichen sie nicht. Ich schreibe eine Mail ans Hotel, eine an Lubrich und bitte um dringende Hilfe. Dann suchen wir uns ein Reisebüro in Colonia, fahren dorthin und versuchen über dieses die Parkplatzhöhe herauszufinden. Am Ende ruft der Mann aus dem Reisebüro für uns in Argentinien im Hotel an und klärt, dass der Parkplatz zu niedrig ist, es aber 50 Meter weiter einen gibt, der passt. Mit 1000 Dankesbekundungen - das Thema hatte schon wieder eine ganze Menge Zeit und Energie gekostet - fahren wir zurück zur Wlan-Tankstelle und buchen über Expedia das Hotel, in der Hoffnung, dass Ausreise, Einreise und Fahrt zum Hotel gut klappen und wir das Hotel noch im Hellen erreichen. Wieder einmal ein organisatorisches Thema abgearbeitet, Hans hebt den Spruch "andere machen Urlaub" aus der Taufe, der uns weiter begleitet.
Endlich haben wir Zeit, uns den wirklich schönen historischen Teil von Colonia mit seinen alten Häusern, dem Stadttor, Kopfsteinpflaster, bunten Läden, gemütlichen Restaurants und Cafes, grünen Plätzen in Ruhe anzuschauen. Fühlt sich tatsächlich vorübergehend wie Urlaub an - ein paar Stunden wenigstens. Dann müssen wir zum Hafen, fahren unser Auto zur Warteschlange für die Fähre und checken ein inklusive Sicherheitskontrolle, die den Namen nicht wert ist. Dann Migracion. An einem Schalter erhalten wir den Stempel für die Ausreise aus Uruguay, einen Schalter weiter einen für die Einreise in Argentinien. Fertig! Ganz einfach. Einreise für das Auto kommt allerdings erst in Buenos Aires. In der Wartehalle noch einen kurzen Kaffee und zwei Huevos Surpresa, dann wird geboardet. Für welche Fähre, wer und wo und wann der Fahrer wo das Auto auf die Fähre fährt, bleibt auch lange ein Rätsel, findet sich aber dann doch problemlos, dauert halt nur.
Die Überfahrt ist unspektakulär, wir quatschen mit zwei Österreichern, die drei Wochen in verschiedenen Ländern unterwegs waren und von BA nach Hause fliegen, Lasse daddelt in einer anderen Welt. Mit Blick auf die recht bescheidene Skyline von BA beginnt es zu regnen. Wir fahren mit dem Auto vom Schiff und spannende Minuten beginnen. Zoll. Wir zeigen alle Papiere, ich warte ständig auf den Moment, wo etwas fehlt, aber wir haben alles. Dann wollen sie hinten rein schauen, ziehen unser ganzes Kistensystem auseinander, schauen teilweise genauer hinein, krabbeln selbst ins Auto und zum Schluss schicken sie noch den Drogenhund rein. Dass wir keine Drogen haben, wissen wir ja sicher. Aber was, wenn einem irgendwo jemand welche eingeschmuggelt hat, um uns als Kurier zu benutzen? Es ist schon eine angespannte Situation, doch auch der Hund findet nichts, zum Glück. Wir müssen das Auto ein Stück weiter abstellen und an einem kleinen Häuschen warten, bis alle Fahrzeuge abgeladen und kontrolliert sind. Derweil schauen wir besonders dem Drogenhund bei seiner Arbeit zu. Durchaus eindrucksvoll und ein kleines bisschen wünschen wir uns auch, dass er einmal anschlägt, um zu sehen, wie es dann weitergeht. Passiert aber nicht. Im kleinen Häuschen sind wir die ersten. Letztlich geht es nur darum, ein neues Zolldokument für die nächste Ausreise zu bekommen, doch zumindest bei mir bleibt eine Grundspannung, bis wir wieder im Auto sitzen. Als wir den Fahrzeugschein vorgelegt haben, haben wir wohl alle noch einmal Nils gehuldigt und erneut riesige Dankbarkeit verspürt.
Im Auto sortieren wir uns, es dämmert, es regnet, der Navi weiß, wo das Hotel ist, es kann losgehen. Hans fährt souverän durch die gigantische fremde Stadt. Vollkommen anders als Montevideo - schon auf den ersten Blick, beim ersten Gefühl, das ist eine Weltstadt. Was der Navi nicht weiß, ist, dass ganz BA eine Baustelle zu sein scheint, aber er sucht tapfer neue Wege und bringt uns zum Hotel. Nun die Frage der Logistik... Hans hält vor dem Hotel, ich gehe rein, will einchecken, frage aber erst nach dem Parkplatz. Ein Check vom Hotel, Auto ist zu hoch, also 50m weiter ins passende Parkhaus. Jetzt? Oder erst das notwendige Gepäck raus? Oder erst einchecken? Lasse bleibt im Hotel, wir drei anderen bringen ihm in Einzelteilen und Kisten all das, was wir zu brauchen glauben. Ein cooler Auftritt, der Aufsehen erregt. Wir sind vermutlich die einzigen Gäste, die mit IKEA-Samla-Kisten statt mit Trolley kommen. Und das im strömenden Regen. Dann lassen wir die Kinder mit dem Gepäck im Hotel und bringen das Auto weg, was letztlich gut klappt, auch wenn wir zunächst die falsche Einfahrt sehen, die auch nur 2,10m hoch ist. Ein sehr hilfsbereiter einäugiger Parkplatzwächter will uns ins erste Deck hochbringen und kontrolliert auf der extrem steilen Rampe sehr genau, ob es passt. Passt, aber oben wird uns ein Rohr zum Verhängnis. Also fährt Hans die ganze Rampe rückwärts wieder runter und parkt das Auto unten ein, wo wir es vertrauensvoll stehen lassen. Als nächstes dann endlich einchecken und alle Kisten in unser Vierbettzimmer schleppen und ein bisschen ankommen. Wenn wir doch nur nicht einen solchen Hunger hätten. Mehr als zwei Empanadas hatten wir seit dem Frühstück nicht zu uns genommen. Lasse und Hans finden über Tripadvisor ein ganz nettes und richtig schönes Cafe/Restaurant "London City", was nur einen kurzen Fußweg entfernt liegt, der einen ersten Eindruck von Größe und lebendiger Atmosphäre verschafft. Nachdem ich eine Woche lang in Uruguay völlig überfordert war mit dem Umrechnungskurs und nur ein sehr grobes Gefühl von "Richtung teuer", "Richtung billig" hatte und es fast immer Richtung teuer ging, wissen wir hier nun gar nicht den Kurs, können ihn auch nicht rausfinden, da alle Smartphones im Hotelsafe liegen. Aber irgendwie ahnen wir, hier ist es deutlich billiger als in Uruguay und tatsächlich essen wir für günstiges Geld leckere Steaks und Burger, die so groß sind, dass wir sie nicht schaffen.
Müde, geschafft und satt fallen wir mit 1000000 weiteren Eindrücken und Erlebnissen an diesem Abend ins Bett.