Ausreise aus Argentinien problemlos, auch wenn wir wenig verstehen, kleiner Grenzübergang, aber alles vollkommen offiziell. Einreise nach Chile fast noch unproblematischer mit unglaublich netten und hilfsbereiten Beamten. Plötzlich sind wir in Chile, nach Puerto Natales ist es nur ein kurzes Stück. Ein bunter freundlicher Ort am See mit schneebedeckten Bergen im Hintergrund, sonniges Wetter, kalt und windig. Den zweiten Campingplatz quasi mitten in der Stadt, eingezäunt mit Blechmauer, nehmen wir. Ein Wohlfühlplatz mit vielen Backpackern, freundliche Aufnahme mit vielen hilfreichen Tipps zum Ort und zum Nationalpark. Ein Nachmittag mit Einkauf, Geld holen, Brennspiritus besorgen, Kaffee und Pisco Sour trinken, bunte Häuser anschauen, vom Wind durchgeblasen werden, unser Fin El Mundo genießen. Wir sind uns einig: Puerto Natales ist Ushuaia genug. Bis dorthin müssen wir nicht. Brennspiritus, der wohl Alkohol azul heißt, ist etwas schwierig. Hatten wir unterwegs schon mal versucht, sind aber immer nur blöd angekuckt worden. In Puerto Natales waren wir zunächst in einem winzigen Supermarkt und fragten de netten Mann auch nach alcohol azul. Verschmitzt geht er zu seinem Spirituosenregal und zeigt uns eine Flasche Blue Curacao - gemeinsam haben wir gelacht!!!
Abends seit Buenos Aires die erste Dusche! Und die auch noch sauber und warm. Wir werden bescheiden. Hans und Lasse kochen in der Gemeinschaftsküche, ein großer, warmer und vor allem windfreier Raum. Der Wind ist überall und ständig so stark, dass wir nur noch maximal eine Autotür aufeinmal aufmachen können - sonst fliegt alles, aber wirklich alles weg. In der Nacht ist es saukalt, knapp über dem Gefrierpunkt, aber wir ziehen alle Register und schlafen warm. Am nächsten Morgen lassen wir uns Zeit. Da es abends so lange hell ist, schlafen wir nun auch später und werden später wach. Frühstück im Schutz der Geneinschaftsküche und anschließend Aufbruch. Erst noch etwas Stress mit Orientierung und dem Einbahnstraßensystem in Puerto Natales, doch dann sind die Wasservorräte aufgefüllt und es geht zum "Parque Nacional Torres del Peine". Die Landschaft verändert sich zunächst nur wenig, ein bisschen wie Alpenvorland, doch es ist sonnig und vielversprechend.
Nach einiger Zeit die erste Sicht auf die Torres. Gewaltig ragen sie schon aus der Ferne aus der Landschaft heraus. Wir nähern uns. Wunderbar blaue Seen, dahinter die markanten Gipfel, klare Sicht, blauer Himmel. Freude über unser Glück. So vielen bleibt dieser Anblick aufgrund des vielen schlechten Wetters verwehrt, selbst wenn einige viele Tage Zeit haben und hoffen. Und wir haben den ganzen Tag aus allen Richtungen immer wieder Blick auf die bekannten Gipfel, auf das gewaltige Massiv. Leider ist Hans mit Halsschmerzen etwas angeschlagen. Trotzdem machen wir eine kurze Wanderung zum Salto Grande, einem gletscherwasser-grünen Wasserfall und weiter durch die Landschaft der bizarren verkrüppelten Bäume, an fantastischen Seen verschiedenen Blau- und Grüntöne vorbei in dieser herrlichen Landschaft - und stets die Cuernos im Blick. Ein Traum! Teilweise ist der Wind so stark, dass keiner mehr geradeaus laufen kann, die Menschen in die Hocke gehen, um nicht umgeblasen zu werden, der Wind den Sand und die kleinen Steine so durch die Gegend schießt, dass wir uns gesandstrahlt fühlen. Der See, an dem wir sitzen, hat plötzlich Brandung und das Wasser wird durch die Luft gepeitscht. Naturgewalten, eindrucksvoll und ausgeliefert.
Traumhaft schöner Campingplatz im Park, an einem anderen der vielen Seen und auch mit tollem Blick auf's Massiv. Hammer! Und welch ein Glück!!!
Wir fahren noch zum Lago Grey, wandern über Hängebrücke und durch Wald (!) an den Strand des Lago, den man komplett überqueren muss, um zu einem Mirador zu kommen, um in weiter Ferne den Gletscher sehen zu können. Dort bläst die ganze Zeit ein Wahnsinnswind! Hans geht zurück, ich schlage mich mit den Kindern ein gutes Stück den Strand entlang. Unglaublich mit welcher Konstanz dieser Wind in dieser Heftigkeit bläst. Abenteuerlich, kalt, laut, unangenehm und doch auch irgendwie cool. Ganz bis zur anderen Seite wollen Lasse und ich nicht mehr, Liska wäre bis zum Ende gegangen. Wir kehren um, Liska und Lasse spielen mit der Kraft des Windes, haben Spaß, sich seiner Kontrolle zu überlassen. Ich bin froh, den Wald zu erreichen und dem Wind halbwegs zu entkommen.
Im Café völlig überteuerte Getränke und anschließend erfüllte Rückfahrt zum Campingplatz. Die Kinder schauen im Zelt einen Film, wir setzen uns ins windstille Auto, planen die Route, organisieren uns. Suchen auf dem Campingplatz Gleichgesinnte, die uns mit der Versicherung für Peru und Ecuador weiterhelfen können. So treffen wir Hermann und Ulli, zwei Österreicher, quatschen nett, sie haben die Versicherung über Klaus Schubert abgeschlossen. Hilft und hilft auch irgendwie nicht. Auf dem Campingplatz gehen wir unverschämt teure Menüs essen, die wir uns teilen, das Fleisch ist gut, der Rest poor, aber warm und windstill.
Morgens fahren wir bei schon wieder erstaunlich gutem Wetter in den Nordteil des Parks. Ich glaube, der Regen schafft es vor lauter Wind gar nicht runterzufallen. Leider taugte der Campingplatz dort nicht für uns und nach viel hin und her haben wir ihn wieder verlassen. Verlassen dann auch den Park. Kurz dahinter ein wunderschönes Guanaco-Erlebnis. An einem See stehen hunderte der Tiere, auch Jungtiere, spielen, rennen, toben - so schön zuzuschauen.
Der Campingplatz, der uns aufnimmt, ist vollkommen frech teuer, hat einen genialen Blick auf die Torres, Guanacos auf der Wiese vor uns und der Chef meint, der Blick sei den Preis wert. Alles klar.
Abgesehen vom Dauersturm verbringen wir einen ruhigen Nachmittag, lernen Mathe, kochen Tortellini und schauen gemeinsam im Zelt "The Greatest Showman"... total gemütlich... Und ein Tag, der einfach gut tut.