Wie ging es weiter, nachdem Lasse das Krankenhaus verlassen hat?
Wir fahren ins Hotel, wo es leider kein zweites Zimmer für uns gibt, obwohl wir bereits eine Zusage dafür hatten oder wir es zumindest so verstanden hatten. Doch wir haben zunächst Wichtigeres zu tun, ich stelle noch diverse Fragen an Sven Hower, hole mir tausend Infos und wir versuchen parallel stundenlang eine Möglichkeit zu finden, diese Krankenhausrechnung zu bezahlen, Katja recherchiert, Ira ist involviert und die Zeit vergeht. Dann bleibt Liska mit Lasse, dem es gut geht, der aber nicht viel machen kann und nun wirklich noch Schonung braucht im Hotel, während Hans und ich durch das schier unglaubliche Las Heras fahren, um im Anonima, den es immerhin gibt, Essbares - besonders für Lasse - zu kaufen und das auch noch möglichst schnell, weil er (und wir auch!) Hunger hat. Alles, wirklich alles, was uns einfällt, was er essen darf, was es gibt, wir zubereiten können und ihm schmecken könnte, kaufen wir in einem Schnelldurchgang durch den großen Supermarkt. Am Ende haben wir so viel, dass man meinen könnte, Lasse sei bis zum Ende der Reise zur Schonkost verdammt. Den Babybrei und Zwieback haben wir bis heute in unserer Fresskiste, das meiste andere haben wir gemeinsam geschafft. Den restlichen Tag verbringen wir im Hotel, planen, wie wir nun weiterfahren, was macht Sinn, was lassen wir jetzt weg, wieviel können wir Lasse zumuten? Die Frage nach dem zweiten Hotelzimmer löst das Hotel für uns, nachdem wir gefragt haben, ob zwei von uns vor dem Haus im Dachzelt schlafen können. Irgendwie haben sie ein Zimmer für uns frei geräumt und wir bleiben zusammen. Obwohl es ausdrücklich verboten ist, dürfen wir Lasse und Liska dann auch im Hotel eine Suppe zubereiten und essen dürfen sie dann auch dort. Einmal mehr einfach nur nette hilfsbereite Menschen.
Nach Ausschlafen und Frühstück packen wir das arg zerrupfte Auto neu und starten Richtung Coyhaique. Dafür irren wir zunächst ein bisschen durch die unfassbare Stadt Las Heras und fahren dann einen Großteil der Strecke, die wir mit dem Krankenwagen gekommen waren, wieder zurück. Also noch einmal Pampa intensiv. Zum Glück hat Lasse beim Autofahren überhaupt keine Schmerzen und da wir sonst nicht viel machen können, fahren wir halt. Ab da, wo die Strecke unbekannt ist, hört auch der Asphalt auf und ein Blinddarm-OP-Härtetest beginnt ebenso wie ein Mama-Nerventest. Hans versucht auf dem Schotter die optimale Geschwindigkeit zu finden, Lasse geht es unglaublich gut und er ist möglicherweise entspannter als ich. Ich fühle jeden Wackler, jedes Rumpeln, jede Unebenheit in meinem Bauch und warte ständig darauf, dass er aufschreit - passiert aber nicht. Irgendwann machen wir Pause im Nichts zwischen Schafen, die uns skeptisch anschauen, und kochen im typischen Wind eine super leckere Schonkostsuppe mit Kartoffeln und Möhren. Kann nicht jeder sagen, dass er eine solche Suppe am dritten Tag nach seiner Blinddarm-OP an einem solchen Ort gegessen hat. Und er isst mit gutem und großem Appetit, sichtlich erleichtert, keine Bauchschmerzen mehr zu haben. Die vorbeifahrenden wenigen LKW werden extra ganz langsam, um uns nicht einzustauben, typisch Argentinier, und alle winken uns freundlich zu. Schön. Da wir noch über die Grenze nach Chile wollen, ist diese Rast auch wieder der Ort, an dem wir alles an Obst, Gemüse und Milchprodukten aufessen, weil wir es nicht mitnehmen dürfen.
Und dann geht es wieder weiter,
Schotter bis zur Grenze, aber immerhin satt und lecker war es auch.
Die Grenze erneut unproblematisch, aber die Argentinier wollen ins Auto schauen, ob wir nichts Verbotenes ausführen. Das ist schnell und mit einem freundlichen Blick erledigt. Die Chilenen nehmen es genauer und inspizieren jede Kiste und natürlich den Kühlschrank, alle Taschen müssen durch die Durchleuchtung. Freundlich, bestimmt, dauert halt. Es lebe die EU! Politikunterricht im echten Leben.
Nach der Grenze endlich Asphalt und eine völlig veränderte Landschaft. Nach Pampa erreichen wir das Allgäu. Berge mit weißen Gipfeln, grüne Wiesen, bunte Häuser, blauer Himmel, blühende Blumen. Wir freuen uns so sehr, dass ständig einer sagt: "Oh, ist das schön hier!" Irgendwie kehrt das Leben zurück. Ich kann gar nicht sagen, dass ich Pampa nicht mag und im Laufe der vielen, vielen Kilometer auch die Unterschiedlichkeit in der Öde wahrgenommen und schätzen gelernt. Und doch, hier kurz vor Coyhaique blüht im wahrsten Sinne des Wortes alles auf.
Wir fahren auf einen sehr netten, aber ungünstig liegenden Campingplatz, haben vergessen einzukaufen, Zelt steht schon, Lasse muss und will mal liegen. Wir verkochen Reste. Nettes Gespräch mit einem deutschen Pärchen, die erst einen Monat in Australien, dann einen in Neuseeland waren und nun den letzten in Südamerika verbringen. Und ein nerviger Münchner, der irgendwie auf der Suche nach Tipps ist, aber eigentlich keinen haben möchte.
Lasse schläft mehr als verdient früh, wir schauen noch den zweiten von "Die Welle" , und haben anschließend viel Gesprächsstoff, den wir auf den nächsten Tag verschieben.