Das Frühstück ist erbärmlich, noch schlechter als in Buenos Aires, macht wenig Spaß, immerhin macht der Kaffee munter.
Heute fahren wir mit dem Uber-Taxi (Hans Fuß tut ziemlich weh und mit Uber ist es kaum, wenn überhaupt teurer als Metro für vier Personen) ins "Museo de la Memoria", ein Museum, das die Geschichte der Revolution und die Grausamkeiten der Pinochet-Diktatur aufarbeitet. In einem modernen Bau finden wir eine extrem gut gemachte, umfangreiche und medial abwechslungsreiche Ausstellung, die wir mit einem deutschsprachigen Audio-Guide besuchen. Im ersten Teil erfolgt eine ausführliche Darstellung, was Chile alles tut, um diesen Teil seiner Geschichte wahrheitsgemäß darzustellen und aufzuarbeiten. Mich nervt dieser Teil irgendwann, mir wäre lieber, wenn erstmal dargestellt würde, was passiert ist. So wirkt es auf mich wie eine Vorabentschuldigung, die mir zu viel Raum einnimmt. Der zweite Teil stellt bis ins kleinste Detail die Revolution dar. Wir setzen irgendwann einfach Schwerpunkte und haben so einen insgesamt sehr lohnenden und auch erschütterten Blick auf die Geschehnisse. Danach sitzen wir noch eine ganze Zeit auf einer Bank, diskutieren, vergleichen mit anderen Diktaturen und Greueltaten, sprechen über den Wert der Demokratie. Sehr, sehr lohnend. DAS kann allemal ein paar Tage Schule ersetzen.
Vom Museum laufen wir zur großen Markthalle, in der man angeblich gut und preiswert essen kann. Damit kommen wir wieder in einen völlig überfüllten Crazy-Bezirk. In der Markthalle gibt es an einigen Ständen frischen Fisch, durchaus eindrucksvoll, aber wir werden förmlich überfallen von Anpreisern der einzelnen Lokale und Restaurants, jeder bequatscht uns, überschüttet uns mit seinen grandiosen Angeboten und will uns unbedingt zu sich locken. Kurz ist das ja ganz lustig, aber letztlich vollkommen nervig, weil wir uns keinen Meter mehr frei bewegen können und keine Chance haben, in Ruhe zu schauen, wo wir hinwollen. Ein Holländer, der ein Tourismusbüro in der Halle hat, spricht uns auf Deutsch an und warnt uns vor der mangelnden Hygiene der billigen Anbieter und wir sollen besser etwas mehr Geld ausgeben. Er empfiehlt uns letztlich das Restaurant, das auch im Reiseführer steht und mitten in der Halle das ganze Geschehen dominiert.
Wir gehen dorthin und verlassen es wieder, es ist überhaupt nicht das, was wir wollen. Doch wohin? Wir gehen in dem ganzen Markt- und Menschenchaos mit knurrenden Mägen zum nächsten Markt, wo angeblich die Chilenen essen. Vorbei an vielen Ständen mit fantastischem Obst, eine Banane für jeden gegen den schlimmsten Hunger, erreichen wir die nächste Markthalle, in der tatsächlich noch viel mehr Lokale, Fressbuden, Menschen aller Farben sind. Irre, einfach nur irre. Liska ist total begeistert und liebt es, überall herumzulaufen, dazwischen zu sein, zu erleben. Doch auch hier werden wir plötzlich umworben, zugequatscht, eine Frau imitiert alle Tiere, deren Fleisch ihr Lokal anbietet, in Geräuschen und Gesten. Am Ende entscheiden wir uns für eins, setzen uns und haben überhaupt keine Ahnung, was wir bestellen sollen - wir verstehen rein gar nichts außer Huhn und Fisch. Zur Probe kriegen wir irgendeine gelbe Probepampe, die ganz gut gewürzt ist, eine Frau spricht anderthalb Wörter Englisch, wir entscheiden uns für Huhn mit Pommes, Reis, Kartoffelpüree und bekommen ein wirklich leckeres Essen. Was ein Chaos! Anschließend laufen wir nach Bellavista, ein vollkommen anderes Viertel mit vielen kleinen Cafes und Restaurants, Künstler- und Dichterviertel, ein Haus von Pablo Neruda steht hier, viele eindrucksvolle und originelle Graffitis/Gemälde auf den Hauswänden, insgesamt weit weniger hektisch. Zum Schluss fahren wir noch mit der Standseilbahn auf den Cerro San Cristobal und haben eine tolle Aussicht über die riesige Stadt und die Berge, die sie einkesseln.
Meine Lieblingsstadt ist Santiago nicht, Montevideo und Buenos Aires haben mir deutlich besser gefallen, ich bin ganz froh, dass wir uns vorab gegen eine dritte Nacht entschieden hatten und doch war es ein tolles Erlebnis. Liska findet die Stadt total cool, besonders die Märkte haben sie begeistert und auch Hans mochte die Stadt und ihre Lebendigkeit weit mehr als ich. Lasse geht es eher so wie mir, ihm hat Montevideo am besten gefallen.