Von Ayacucho sehen wir ansonsten nicht viel, ein bisschen läuft uns die Zeit davon. Nach dem Essen geht es weiter Richtung Huancayo. Der Weg ist nicht ganz klar, es gibt im Grunde drei parallele Straßen, die beiden Navis fahren unterschiedliche, der Reiseführer die dritte. Schwierige Entscheidung, zu allen Routen gibt es sehr unterschiedliche Beschreibungen, die Idee ist, mal zu schauen, welche Strecke ausgeschildert ist. Wir fahren erstmal bis Huanta, hätten dort gerne noch einen Kaffee getrunken, aber in der Stadt gibt es nur wenig und ganz vieles hat zu. Wir kaufen Wasser und den einzigen Liter Milch, den wir in drei Läden finden können. In M ist die mit "Huancayo" ausgeschilderte Straße gesperrt. Schock. Aber wir haben so viel über Straßensperrungen gelesen, dass wir gar nicht stehen bleiben, sondern direkt dem Vorschlag von Navi Henrik folgen und um die Sperre drumherum fahren. Doch die weiteren Vorschläge von Hendrik sind absolut anfahrbar und schwachsinnig, dass wir parallel mit Osmand navigieren und auf eine total zerlöcherte, schmale Bergstraße kommen, die sich als die nördlichste der drei möglichen Routen erweist. Wir fahren völlig unsicher, was wir tun sollen, die ersten Kilometer und Serpentinen hinauf, beschließen dann aber doch, noch einmal runzudrehen und unten im Ort zu fragen. Auf einem ganz netten Platz fällt uns ein Mann ins Auge, der irgendwie so aussah, als wüsste er, wo unser Problem ist und hätte eine Antwort darauf. Er stellt sich als Manuel heraus, ein Peruaner, der aus Puno kommt, mit seiner Familie, seiner Frau und vier Kindern zum ersten Mal in seinem Leben reist, auf dem Weg in Dschungel ist - und perfekt Deutsch spricht! Unglaublich!!! Von ihm erfahren wir, dass die Straße bis 18 Uhr - also etwa noch eine Stunde - gesperrt sei wegen Asphaltarbeiten. Wir überlegen hin und her, was wir machen... um 18 Uhr ein Stück in die Straße rein fahren, aber wo übernachten wir dann? Zurückfahren, wo wir bereits in Erwägung gezogen hatten zu bleiben? Diesbezüglich macht Manuel uns aufmerksam, dass wir am nächsten Morgen dann um 4 Uhr fahren müssten, weil später die Straße erneut gesperrt werde. Also auch keine Option... Wir beschließen, noch so weit zu fahren, wie es geht und dann einen Platz aus dem Overländer zu nehmen. Mit Manuel und seiner Frau quatschen wir noch ein bisschen, was nett, aber nicht ganz einfach ist, da sie Englisch spricht, Manuel aber nicht, naja, um die Zeit zu vertreiben, nette Menschen zu treffen, reicht es. Wir fahren zurück zur Sperrung, um noch was einzukaufen, doch da ist sie schon aufgehoben - erstaunlicherweise und völlig unerwartet vor der Zeit. Bei einer sehr netten Frau kaufen wir Brötchen, Bonbons, alle einzeln, Käse, eine große Papaya - halt das, was wir brauchen und das, was es gibt.
Die Straße führt uns in einen grandiosen Canyon mit spektakulären Blicken auf einer extrem abenteuerlichen Straße, die teilweise nur einspurig ist, tief in die Wand gefräst ist und hoch oben durch den Canyon führt, so dass links von uns ein mächtiger Abgrund gähnt. Hammer!!! Und wieder eine Straße, auf der es nur langsam vorwärts geht und dunkel wird es auch noch. Wir passieren extrem armselige Hütten und Dörfer, in denen die Menschen überall noch an der Straße sitzen. Ein Overländertipp ist ein Hostel mit Parkplatz, das wir im dunklen, armseligen La Esmeralda auf löchrigen Lehmstraßen suchen und finden, doch unser Auto ist zu groß. Der nette Mensch vom Hostel empfiehlt uns ein Hotel, das wir nicht finden. Im Overländer steht auch die Polizeistation als sicherer Ort, um eine Nacht stehen zu bleiben. In unserer Ratlosigkeit fahren wir dorthin und fragen den wachhabenden Polizisten, der erst etwas unwillig mit Kopfhörern auf den Ohren mit uns spricht, dann aber zunehmend netter und hilfsbereiter wird und seinen Kollegen holt und fragt. Beide sprechen Spanisch mit uns, als wäre es unsere Muttersprache, doch die wesentlichen Informationen verstehen wir irgendwann. Sie raten uns dazu, zwei Stunden weiterzufahren, dort sei ein Hotel. Das Hotel im Ort habe zu wenig Zimmer. Gleichzeitig ist ihnen aber auch klar, dass das echt blöd für uns ist und irgendwann beschäftigen sich vier Polizisten mit uns, der fünfte, vermutlich der, der das meiste zu sagen hat, schwört Stein auf Bein, er passe die ganze Nacht auf unser Auto auf und wir können im Hotel schlafen. Wiederholt erklären wir, wir brauchen kein Hotel, wir haben ein Dachzelt. Schließlich schwört er, er passe die ganze Nacht auf unser Auto und auch auf uns auf. Die gesamte Situation ist so unglaublich komisch und lustig, fünf Polizisten sorgen für uns und amüsieren sich gleichzeitig und alles auf Spanisch... Wir schlagen mitten im Ort direkt vor der Polizeiwache und vor der Kirche unser Zelt auf und kommen selbst auch über diesen kuriosesten und sichersten Übernachtungsplatz nicht hinweg. Das einzige Problem ist, dass wir keine Toilette haben und in der Polizeiwache keine nutzen können, weil sie dort derzeit kein Wasser haben. Später schleppen weitere Polizisten, die wohl vom Fußball kommen und ihren Augen angesichts unseres Autos samt Dachzelt nicht trauen, eimerweise Wasser in die Dienststelle. Absolut kurios, doch wir schlafen alle gut.
Morgens legen wir um 6 Uhr einen Blitzstart hin - auch weil die Toilette fehlt und wir es allmählich eilig haben. Wir verabschieden uns und bedanken uns noch einmal von Herzen und durchqueren weiter den Canyon, der einfach traumhaft schön ist. Und ich bin bei jedem entgegenkommenden Auto und LKW super froh, ihn in diese Richtung zu durchfahren und die anderen am Abgrund zu wissen. Auch heute durchfahren wir in diesem einsamen und abgelegenen Canyon mehrere Dörfer, wo die Menschen uns nachschauen und oft freundlich winken. Irgendwann finden wir eine ganz schöne Ausweiche, wo wir frühstücken.
Der Fluss liegt ein gutes Stück unter uns und Lasse hat großen Spaß immer dickere Steine den Hang runterkullern zu lassen. Alle, egal ob Autos, LKW oder TucTucs, die vorbeifahren, hupen und die Fahrer und Beifahrer winken freundlich. Vor lauter Winken kommen wir gar nicht zum Frühstücken.
So schön der Canyon ist, so irre die Straße, irgendwann reicht es und wir würden gern mal dauerhaft schneller als 28 km/h fahren und mal vorwärts kommen. Immer, wenn zwischendurch der Asphalt aufhört, halte ich die Luft an in der Sorge, dass es nun noch langsamer geht, abgesehen davon rumpelt es dann arg. Doch der Asphalt kommt zum Glück immer wieder und kurz nach dem Frühstück hat die Straße sogar eine gelbe Mittellinie. Ein kleines Stück Zivilisation? Es wird tatsächlich besser, wir können etwas schneller fahren, der Canyon wird enger, der Fluss schmaler, wir fahren raus in vertraute Landschaft mit Ackerbau und Viehzucht - fühlt sich an wie ein Stück Freiheit. Und wir erreichen mittags Huancayo...