Morgens geduscht, zu zweit mit Coins für vier Minuten, aber ein Gefühl von sauber. Dumpen, frisches Wasser auffüllen, kurze Teambildung, Hans und Liska mit meinem Ersatzhandy im Gigaformat ins Visitor Center wegen WiFi zum Runterladen meiner Whatsappdaten, Lasse und ich im Schnelldurchgang die letzten fehlenden Groceries. Wir treffen einen Deutschen, der mit fünf anderen ein Claim gekauft hat, um YouTube Videos vom Goldwaschen zu machen. Inzwischen arbeiten sie auf dem Claim eines anderen und holen pro Woche etwa 150 Unzen, also etwa vier Kilo Gold raus. Dieser strange Typ kocht irgendwie für die Mannschaft und kauft jede Woche vier Einkaufswagen voll Lebensmitteln in diesem kleinen Laden, also für 15000 Dollar pro Monat. Interessantes Lebenskonzept, aber Lasse und ich finden es und ihn gleichermaßen seltsam.
Auch wir gehen ins Visitor Center, wo die Instandsetzung meines "Handys" auf Hochtouren läuft und die drei schaffen es wirklich gemeinsam, mein Whatsapp nutzbar zu machen. Ich liebe diese Familie, mich freut ihr Einsatz in meiner Not noch mehr als die Möglichkeit, nun doch irgendwie Kontakt mit der Außenwelt aufzunehmen. Vom Schweizer am Bonanza Creek haben wir erfahren, dass man hier im Visitor Center kostenlos echte pans ausleihen kann, was wir voller Eifer tun, zumal der crazy Goldsucher im Groceriestore gesagt hat, man finde im Grunde in allen umliegenden Flüssen Gold.
40 Kilometer zurück nach Osten starten wir mit dem Pflichtfoto am Beginn unser Abenteuer Dempster Highway. Gleichzeitig mit uns trifft dort ein Fahhradfahrer aus der italienischen Schweiz ein, der den ganzen Weg, also knapp 1000 Kilometer bis Tuktoyaktuk mit dem Rad zurücklegen will. Wir zollen ihm unseren vollen Respekt, den er ablehnt mit den Worten, nein, kein Respekt, nur eine verrückte Idee. Im Gegenzug bewundert er unsere "Maschine".
Wir starten mit unserer Maschine die knapp 1000km lange Gravelroad, die mühsam auf dem Permafrostboden gebaut ist, nach Norden. Zunächst der schon gut bekannte Tannenwald, doch dann fahren wir rund 250km durch absolut spektakuläre Landschaft, unglaubliche, grüne Weite, durchzogen von Wasser, grüne Berge in weiter Ferne von nicht auszumachender Höhe, wir erreichen das Visitor Center, schauen kurz die Ausstellung an, laufen einen Minitrail durch den Wald, essen noch was im Camper und starten zu einer Wanderung auf einen Berg, von dem wir noch einen kurzen Moment die halbwegs gute Aussicht genießen, bevor der Nebel die Sicht versperrt. Wanderung ist übrigens absolut das falsche Wort. Lasse rennt den Berg hoch umd beschwert sich noch über unsere Langsamkeit, Hans schließt sich ihm an und Liska und ich "gehen" und steigen an zumindest meiner Geschwindigkeitsgrenze hinterher. Auch wenn die Wanderung jetzt nicht das große Highlight war, es hat uns allen Spaß gemacht und die Bewegung tat gut. Mit meiner Bearbell, die die ganze Zeit läutet, fühle ich mich auch direkt viel sicherer. Allerdings waren wir auf diesem Trail wahrlich nicht die einzigen. Mit frisch gekochtem Kaffee und Keksen setzen wir unsere Fahrt durch ständig wechselnde, immer anders faszinierende Landschaften fort. Auch das Wetter wechselt ständig. Sonne, Regen, dicke Yukon-Wasserbombem, so haben wir eine besondere Art von Regen mit Riesentropfen getauft, Blitze am dunklen Himmel, vereinzelte Donner, das Thermometer klettert immer wieder zwischen 14 und 22 Grad hin und her - total verrückt. Die Stellplatzsuche für die Nacht erweist sich zunächst als etwas schwieriger, wir versuchen dies und das und auch der I Overlander, der uns durch ganz Südamerika mit Wildstehplätzen versorgt hat, kommt zum Einsatz. Die ersten beiden Plätze am Wasser begehen Liska, Lasse und ich als Außenteam, doch die Moskitoplage ist so groß, dass wir permanent rumhüpfen, hampeln und uns schütteln, um möglichst wenigen Viechern einen Landeplatz zu bieten. Skurrile Antimückentänze. Auf Hans Vorschlag hin wechseln wir die Strategie und finden schließlich ziemlich weit oben einen richtig tollen Stellplatz mit grandioser Aussicht, mit zumindest weniger Mücken.