Tuktoyaktuk

Nach etwas Abwägen machen wir uns zu Liskas Leidwesen auf die Pneus und fahren weiter nach Norden. Richtig Lust haben wir drei anderen auch nicht mehr, aber von Liskas Playlist lassen wir uns bei herrlichem Wetter durch die nun erneut faszinierende Landschaft in allen nur denkbaren und vielleicht auch noch mehr Grüntönen durchzogen von immer mehr dunkelblauen Wasserflächen in allen Formen und Größen. Irgendwann ist nicht mehr klar, ob es mehr Blau von Grün durchzogen ist oder mehr blaues Wasser mit grünen Inseln. Die Straße in hervorragendem Gravelzustand windet sich abwechslungsreich durch die unendliche Weite und bietet den einzigen Orientierunspunkt. Es gibt fast keine Bäume mehr und wir können die ganze Weite überblicken. Überall immer wieder Spots von wunderschönen Wildblumen, pinklilafarbenes Fireweed immer wieder auch in großen Flächen, das zarte Wollgras und zahlreiche andere Blumen und Blümchen in gelb, weiß, rosa, lila - welch eine Lebenskraft in dieser kurzen schneefreien Zeit. Obwohl es Hinweisschilder zu Bären und Elchen gibt, sehen wir leider beides nicht. Wie angekündigt erreichen wir Tuktoyaktuk vorbei an großen, abschreckenden Müllhalden.

Kurz vor unserem endgültigen Ziel fallen in rasanter Zeit die Temperaturen von 20 Grad auf 6 Grad, die Wasserflächen dampfen in der grünen Weite, es wird nebeliger, feuchter, windiger, arktischer. Die Grenze des Mc Kenzie Deltas und dem Meer ist kaum auszumachen, beides geht fließend ineinander über. Die bunten Häuser von Tuktoyaktuk empfangen uns auf weit größerer Fläche, als erwartet, industrielle Flächen, chaotische Zivilisation verknüpft mit traditioneller Einfachheit, letztlich vergleichbar mit Armut an anderen Stellen dieser Welt und trotzdem nicht so einsam und verlassen wie anderswo, auch nicht arm, uralte Kulturen in einem First World Country. Über staubige Straßen durch den Ort erreichen wir das nördliche Ende der Straße am Meer, wo eine Picknick Area im eiskalten Wind und Nebel auftaucht und ein blaues Schild "Arctic Ocean" auch das Ende unserer Reise in diesen hohen Norden markiert. Wir ziehen alles an, was wir auf die Schnelle finden, hüpfen und tanzen, diesmal nicht den Antimückentanz, denen ist es hier zu rough, sondern einen Tanz aus Kälte und riesiger Freude, es tatsächlich geschafft zu haben und nun hier stehen zu dürfen. Ein besonderer Moment, vom Wetter dramatisch in Szene gesetzt. Zu Fuß geht es noch ein kleines Stück weiter über das winzige Ende dieser Landzunge, wo das Wasser des Ozeans eine Bucht des Ortes speist, die eine traditionelle Fishing Area ist. Das Wasser ist hier sehr flach und Lasse badet als erster enthusiastisch seine Füße im arktischen Ozean, in dem er quasi in ihn hineingeht. Direkt an dieser Picknickarea ist ein Streifen mit Stellplätzen, um wirklich am Ende der Straße und gefühlt am Ende der Welt die Nacht zu verbringen. Ich finde es mega schön, dass wir noch heute hierher gefahren sind und wirklich an diesem bewegenden Ort eine Nacht bleiben und so etwas tiefer eintauchen können. Liska hat Kopfschmerzen und geht ganz früh schlafen, Lasse reicht es für heute, doch Hans und ich spazieren vom eisigen Wind durchgeblasen noch eine Runde durch den Ort. Alle locals, egal ob im Auto oder zu Fuß, winken uns freundlich zu, grüßen. Schön im Mini-Visitorcenter, was im Grunde eine große Holzkiste ist, wurden wir extrem freundlich aufgenommen, mussten allerdings auch 63 Dollar für unseren Stellplatz mit Blick auf eine Nebelwand mit Meergeräusch bezahlen. Durchgefroren fallen auch wir anschließend ins Bett und schlafen ohne Mücken hervorragend.

Dramatic Arctic
Dramatic Arctic