Am nächsten Morgen noch ein paar Besorgungen, so dass wir noch Ecken von Dawson sehen, in die wir bisher nicht vorgedrungen waren und dann verlassen wir schon ein bisschen mit schwerem Herzen diese Stadt. Lasse ist sich sicher, er kommt wieder, wenn er alt genug für Gertie's ist. Eine kostenlose Fähre bringt uns über den riesigen Yukon und damit zu Kilometer 0 des Top of the World Highway. Die Straße windet sich nach oben, der letzte Blick zurück auf die Stadt bleibt uns wegen viel zu hoher Bäume verwehrt. Erneut eine schöne Streckenführung durch Tannenwald und irre weite grüne Hügellandschaft, teilweise auf der Kammlinie. Mittagspause mit Resteessen und schöner Aussicht, bevor wir die Grenze zu den USA, nach Alaska erreichen. Eine winzige und gemeinsame Grenzstation der Kanadier und Amerikaner und vermutlich die einfachste Einreise in die USA, die wir je hatten. Vollkommen ernst und streng stellt der Grenzbeamte am Autofenster einige Fragen und plötzlich fragt er mit Augenzwinkern Lasse, "Is he a good Driver?", was Lasse artig und überzeugend mit "Yesss!!" beantwortet. Er fordert uns allmählich etwas lockerer auf, in die Station zu gehen. Dort müssen wir jeder ein Formular ausfüllen, jeder muss alle Fingerabdrücke, vier Finger und den Daumen jeder Hand, da lassen und ein kostenloses Foto gibt's auch. Auch die Grenzbeamtin wird immer lockerer, regt sich auf, dass sie diese schwachsinnigen Formulare haben und viel Geld dafür ausgeben, möchte das Bild von Liska ohne Papa im Hintergrund schießen, fragt nach dem "next victim" bei der ganzen Prozedur und bietet uns einen besonders schönen Einreisestempel an. Was wir an Lebensmitteln mitführen, interessiert niemanden, Corona auch nicht, kein Impfnachweis, kein Test, keine Erklärung, dass man gesund ist, nix. Und so betreten und befahren wir kurze Zeit später Alaska. Das schöne Schild fürs Foto hätten wir fast verpasst, setzen dafür zurück und treffen dort zwei österreichische Motorradfahrer, die auf dem Weg zur Prudhoe Bay sind und bis Ushuaia in Feuerland fahren wollen und danach - mal sehen. Sehr cool und eine Menge Gesprächsstoff für eine längere nette Unterhaltung. In Tuktoyaktuk waren sie auch, wenige Tage vor uns bei 32 Grad und Sonnenschein - unfassbar. 32 Grad dort oben ist allerdings eine wirklich erschreckende Temperatur, normal sind im Sommer Temperaturen um die 20 Grad. Wir schießen gegenseitig die Pflichtfotos, wobei die Frau sich so gegen ihr Motorrad lehnt, dass es umfällt und sie draufliegt, was uns, die wir es kommen und passieren sehen, weit mehr erschreckt als die beiden Betroffenen. Er meint nach dem Aufheben des Motorrades nur 3:3, komme öfter vor. Das nenne ich Entspannung... Wir fahren weiter, die Strecke ist wirklich schön, nur leider wenig Möglichkeiten, etwas zu machen, Wildlife gibt's auch nicht, wir steigen in fünf Minuten auf einen kleinen Berg mit noch mehr Aussicht und erreichen irgendwann bereits auf dem Taylor Highway Chicken.
Kurz vor Chicken laufen wir den "Mosquito Fork Dredge Trail". Auf einem schönen Weg durch den wilden Wald teilweise auf Holzbohlen geht es hinunter zu einem Aussichtspunkt auf eine arg schrottige, alte Dredge, die im kiesigen und recht wasserarmen Flussbett des Mosquito River liegt. Es ist genau, wie der Reiseführer sagt, ein immer noch gutes Fotomotiv. Diese kleinen Hikes sind nichts Spektakuläres, aber eine kleine Abwechslung verbunden mit etwas Bewegung und insofern willkommen. Meine Bearbell klingelt bei jedem Schritt, Hans trägt das Bear Spray griffbereit am Gürtel und wir sind nach wie vor vier - bisher geht die Taktik auf, wobei Liska und Lasse schon meinten, ich solle mal aufhören, mit meiner Glocke die Bären zu warnen, damit wir endlich einen sehen. Und Liska hat schon Sorgen, dass sie demnächst immer denkt, ich sei weg, wenn ich nicht mehr ständig mit dem Geklingel unterwegs bin.