Wir schlafen lange, frühstücken in Ruhe und checken noch pünktlich aus. Tanken in Glennallen, Richardson Highway nach Süden, Visitor Center des Wrangell St. Elias Mountain N.P. zwecks Infos bezüglich des Zustandes der Mc Carthy Road und Trails am Wegesrand. Von hier sind es 150km bis Mc Carthy am Ende der Straße, eine von zwei Möglichkeiten, in diese endlose Wildnis hineinzufahren. Beim Winzlingsort Copper links ab in den Edgerton Highway, bei schönstem Wetter eine schöne Straße durch typische Alaskalandschaft bis Chitina, wo die Welt eigentlich zu Ende ist. Von hier kann man nach McCarthy fliegen oder eben auf der alten Eisenbahnlinie, die die Kupfermine in Kennicott, 8km hinter Mc Carthy, versorgt und das Kupfererz transportiert hat, mit dem Auto, dem Camper fahren. Die ersten Kilometer sind noch asphaltiert, was jedoch erneut keine Aussage über die Anzahl der Schlaglöcher macht. Wir queren auf einer langen Brücke das riesige Flussbett des Gulkana Rivers, wo einige Natives mit Netzen Lachse fischen, erreichen eine 117m hohe Eisenbahnbrücke, die bis vor ein paar Jahren keine seitliche Absicherung hatte, heute bin ich extrem froh um die Leitplanke. Allerdings setzt Hans mich zunächst am Fotostop aus und fährt für das ultimative Foto zusammen mit Liska und Lasse ohne mich über die Brücke. Obwohl ich zugestimmt habe, wird mir plötzlich sehr bewusst, dass ich vollkommen allein mit meiner Bear Bell auf dieser Seite der langen Brücke bin. Schluck. Ängstlich beobachte ich die Überfahrt, mache artig die Fotos und sorge dafür, dass meine bear bell nicht einmal aufhört zu klingeln. Und ich bin sehr froh, dass sie sehr bald wieder zurückkommen und mich mitnehmen.
Wir durchfahren bei Sonne und blauem Himmel eine Wildnis aus Wald, Seen, Flüssen und Bergen, zunächst ziemlich langsam, um unser Auto auf dieser Straße nicht zu zerlegen, es wackelt und rumpelt und kracht und knarzt, es schaukelt und auf der Waschbrettpiste bleiben all diese Bewegungen und Geräusche dieselben, sie folgen nur viel schneller aufeinander, so dass wir eigentlich alles gleichzeitig haben. Hans experimentiert mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten und es erweist sich tatsächlich als weit harmloser und gleichmäßiger, wenn wir mit 70mph über die Straße stochen als mit 35mph, wovon wir ursprünglich ausgegangen waren. Bei 70mph ist die Anspannung bei uns allerdings deutlich höher. Bremsen, insbesondere plötzliches, weil doch mal einer entgegenkommt, ist echt schwierig, ich halte mehrfach die Luft an und denke ständig, ich bin Christian Geißdörfer und sitze neben Walter Röhrl, allerdings in einem Camper, der 5 Tonnen wiegt und man hat vergessen, mir das Gebetbuch zu geben.
Nach 30 Meilen erreichen wir den Trailhead zu den Chrystaline Hills, wo wir erst kochen und essen und dann gut 1,5 Stunden ganz nett durch den Wald wandern, erneut froh um die Bearbell, da wir direkt zu Anfang die Kratzspuren eines Grizzlys an einem Baum entdecken. Unterwegs finden wir viele Wildbeeren, Himbeeren, Cranberries, rote und schwarze Johannisbeeren, Soapberries, naschen hier und da und sind einmal mehr froh, uns ein bisschen bewegen zu können.
Gibt es keine Mücken mehr? Doch!!!! Auf diesen Wegen geht ohne "Off" gar nichts. Jeder Millimeter Haut, der nicht eingesprüht ist, wird gnadenlos gefressen und zwar von Hundertschaften. Mit "Off" hingegen ist es kaum noch ein Problem und im Gehen noch weniger als im Stehen. Allerdings sind wir auch alle gleichgültiger und entspannter geworden und es gibt auch mückenfreie Stellen, Orte und Zeiten.
Bald nach dem Hike haben wir fantastische Blicke auf gigantische weiße Berge mit Gletschern, ein Wow-Anblick, zwei Elche, erneut Mama mit Cub, sehen wir auch und dann suchen wir einen Übernachtungsplatz, testen hier und da, können uns nicht so richtig entschließen und beschließen, doch noch bis zum Straßenende zu fahren. Welch eine gute Entscheidung!