Morgens stehen wir früh wieder auf und warten am wieder entzündeten Lagerfeuer auf die Sonne, die in der Ferne bereits die Bergspitzen rot erleuchtet, und auch auf ihre Wärme.
Heutiges Ziel ist der Canyon des Jabel Shams. In einem kleinen Supermarkt ergänzen wir die Vorräte um viel frisches Gemüse und zu Lasses Glück um Chicken Shawarma - endlich Fleisch. Gern hätten wir Bulgur oder Couscous und wundern uns, dass wir mit diesen beiden Wörtern nur auf vollkommen ratlose Gesichter stoßen. Schon gestern hatte Lasse mit allen Mitteln der Kommunikation versucht, den super hilfsbereiten Verkäufern klar zu machen, was wir suchen. Sie haben den ganzen Laden vergeblich für uns abgesucht. Heute hilft immerhin das Zeigen des arabischen Wortes und einer der Verkäufer läuft schnell in den benachbarten Laden für 400g Bulgur und macht uns sehr glücklich.
Wir erreichen einen Punkt von dem aus man auf der gegenüberliegenden Seite des Tales alte, verlassene Häusern, die quasi Ton in Ton und somit fast unsichtbar in die braune Felswand gebaut wurden, sehen kann. Auf unserer Seite Händler, die die für diese Region typische Webware verkaufen - fliegende Teppiche hängen an einer langen Leine bereit zum Verkauf.
Es geht auf steiler, zunächst noch asphaltierter Straße, dann auf sandiger Piste an den Rand des spektakulären Canyons, auch wenn man den Grand Canyon gesehen hat. In der Einsamkeit steht ein kleiner Coffee Shop und Hans meint, er sehe eine Fata Morgana. Auf der Straße läuft ein uralt anmutender osmanischer Mann mit Spazierstock, der uns anspricht, Lasse per Handschlag begrüßt und uns zum Blick in den tiefen Canyon begleitet. Er zeigt Lasse etwas unten Liegendes, später denken wir, er zeigt uns den Wanderweg. Auf jeden Fall spricht er arabisch mit uns und gibt uns zu verstehen, dass er mit uns mitfahren will. Nachdem wir die Aussicht eine Zeit lang genossen haben, wird Liska von den beiden Verkäuferinnen angesprochen, die hier hoch oben handgefertigte Armbänder, Schlüsselanhänger und andere Webwaren anbieten. So richtig verstehen wir die beiden nicht, aber sie kennen den alten Mann und erklären uns, dass er runter in sein Dorf möchte. So sitzen wir kurze Zeit später zu fünft im Auto und hoffen, dass sein Dorf nicht allzu weit weg ist. Er zeigt uns zunächst immer die Richtung an, zwischendurch fallen ihm aber auch die Augen zu. Nach ein paar Kilometern und Serpentinen erreichen wir sein Dorf - und unseren Ausgangspunkt zum "Balcony Walk", unserem heutigen Trekkingvorhaben. Mit Daumen hoch und übers ganze Gesicht strahlend bedankt er sich bei uns und kehrt zu seinem Haus, vor dem zahlreiche Ziegen herumlaufen, zurück. Mit den Ziegen spricht er auch, manchmal klingt es, als würde er mit ihnen schimpfen, manchmal als würde er sie besingen.
Wir machen uns am Parkplatz dieses sehr einfachen Dorfes, das seine Besucher mit Wassertoiletten für 1,20 Euro empfängt, bereit für unsere Wanderung am Abgrund.
Der Weg führt tatsächlich auf einer schönen Strecke unterhalb der Kante den Canyon entlang und wir genießen zahlreiche wirklich spektakuläre Aussichten. Am meisten freut mich, dass ich es heute schaffe, diese kleine Tour zu gehen. Hätte mir das jemand vor zwei Tagen prophezeit, hätte ich es kaum geglaubt. Unterwegs machen wir ein kleines Picknick und bekommen direkt Ziegenbesuch. Kurz vor der Rückkehr kehren wir in ein wirklich niedliches und sehr einfaches "Café" ein, in dem wir unter einem Dach vertrockneter Palmwedel unmittelbar am Rand des Canyon was trinken - und Datteln gereicht bekommen.
Als wir zum Auto zurückkommen, sitzen zwei Ziegen auf unserem Dachzelt, flüchten über die Motorhaube, die sie bereits zuvor deutlich mit beköttelt hatten.
Wir fahren zurück an die Kante des Canyon und suchen uns einen Übernachtungsplatz. Hier übernachten regelmäßig Camper, es gibt quasi kein Feuerholz mehr und die möglichen Stellplätze, obwohl wirklich weit auseinander, sind nicht so einsam wie unsere beiden vorhergehenden. Die Lage hingegen ist traumhaft und wir haben Sorge, wenn wir noch weiter suchen, ist unser gefundener auch anderweitig vergeben. Nach und nach arrangieren wir uns mit diesem Ort, sammeln tapfer bescheidenes trocknes Gesträuch und wollten eigentlich mal chillen, da wir heute früher am Übernachtungsplatz sind. Klappt aber nicht.
Liska möchte unbedingt im Bodenzelt direkt auf der Edge des Canyons schlafen und sucht lange nach der optimalen oder zumindest machbaren Stelle. Als das Zelt endlich steht, ist sie restlos begeistert von ihrem Nachtplatz in Traumlage.
Die Dauer des Aufbaus und die früh untergehende Sonne zwingen zum Kochen statt Chillen - Bulgur mit Chicken Shawarma und frischem Gemüse, gewürzt mit Omani Masala. Eine deutliche Steigerung zu Nudeln mit Tomatensauce und saulecker.
Und es wird hier oben auf knapp 2000m richtig kalt. Ich bin gerade oben im Dachzelt, als Lasse sagt, da komme ein Pick-Up und wir sehen einen Omani, der uns freundlich "How are you?" fragt und dann grinsend in einem lustigen SingSang sagt: "I have wood" Erst wollen wir ablehnen, aber dann schaut Hans doch und ersteht für 3 OR Holz für ein wärmendes Lagerfeuer, woran wir schon nicht mehr geglaubt hatten. Den Rest des Abends zitiere ich diesen lustigen SingSang "I have wuhud" immer wieder und muss immer wieder lachen. Lasse meint, die Omanis hätten verstanden, wie das mit der Wirtschaft funktioniert.