Irgendwo stand, dass man Nizwa in etwa zwei Stunden von Muscat aus erreichen könne. Als Lasse das hört, fragt er voller Humor völlig empört: "Und warum fahren wir dann vier Tage Umweg???"
Bei aller Belustigung trifft es auch etwas, was in mir ist. Viele der grandiosen Strecken sind wir im Grunde nur gefahren, um intensiv den Hajar al Gharbi, das Gebirge im Norden des Landes zu erkunden. Es hatte nie den Zweck, uns fortzubewegen, um von A nach B zu kommen. Es ging immer nur um die Fahrt, das unmittelbare Erleben an sich. Das fühlt sich komplett anders an, als unsere Fahrt über die Andenpässe, um in Peru von Süden nach Norden zu gelangen. In Peru gab es ein klares Ziel, hier ist das Ziel Selbstzweck. Gibt es ein "Besser"? Vermutlich mal wieder nicht, halt einfach anders.
Unser heutiges Ziel ist - nachdem wir den Jabel Shams, den Sonnenberg, quasi umrundet und verabschiedet haben - der Jebal Akhdar, der grüne Berg. Angeblich eine der schönsten Regionen des Oman, weil hier so viele Obstbäume und andere Früchte und Gemüsesorten wachsen und ausgeklügelt auf ihren Terrassenfeldern bewässert werden. Die Straße hoch hinauf auf 2000m ist eine perfekt asphaltierte und in den Berg gelegte Carrerabahn, die wegen der enormen Steigung nur mit 4WD befahren werden darf. Der Kontrollposten zu diesem Zweck gleicht einer Grenze, statt der Pässe zeigt Hans seinen Führerschein. Bei recht diesiger Nichtsicht schrauben wir uns nach oben und fragen uns, wann der Berg endlich grün wird. Bisher sieht er kaum anders aus als Jebel Shams und all seine Wadis. Oben auf dem riesigen Plateau ist es viel touristischer als alles, wo wir bisher waren. Und statt grünen Plantagen sehen wir zahlreiche Bauprojekte, die vielleicht künftigem (Massen-)Tourismus gewidmet sind? Wir fahren zum Ausgangspunkt des Villagehikes und laufen zu dritt - Lasse mag heute nicht, er habe genug Steine gesehen - ins erste Dorf am steilen Abhang. Der Weg wird immer lohnender. Das, was zunächst nach nicht mehr bewirtschafteten Terrassen aussah, scheint vielfach einfach Herbst zu haben. Einzelne Terrassen sind frisch bepflanzt und mit Ziegenmist gedüngt. Teilweise auf dem Rand des falaj laufen wir immer weiter, eine schier endlose Treppe mit viel zu hohen Stufen, bis wir irgendwann auch das zweite Dorf erreichen. Im falaj spülen auf dem Hinweg zwei Frauen das Geschirr, auf dem Rückweg waschen die die Kleidung. Im zweiten Dorf beschließen wir, umzukehren und laufen denselben Weg zurück. Doch ein Rückweg bietet ja dennoch oft andere Blicke und Perspektiven.
Zurück am Auto würde ich gern noch auf einen Kaffee irgendwo einkehren. Statt Café landen wir in einem iranischen Restaurant mit toller Dachterrasse, wo wir nach unglaublich freundlicher Beratung die gemischte arabische Grillplatte für vier Personen wählen und hervorragend essen - ohne mit der Schärfe kämpfen zu müssen. Saulecker!
Da es schon jetzt kalt ist hier oben, beschließen wir, doch unten zu schlafen und fahren die Carrerabahn wieder runter. Diesmal ist das Licht viel schöner, die Fernsicht viel besser und wir erkennen doch noch einmal die Schönheit der Bergwelt von oben. Im Wadi Muaydin finden wir erneut einen guten Übernachtungsplatz mit viel Feuerholz, so dass wir den Abend entsprechend ausklingen lassen. Wir sind alle total müde und stellen beim Blick auf die Uhr fest, dass es schon sage und schreibe 18.20 Uhr ist. Liska hält bis 19 Uhr durch und verschwindet dann im Zelt, Lasse bald danach, Hans und ich schaffen es bis 20.30 Uhr. Aber wir waren ja auch schon um 6 Uhr auf dem Souq ...
Richtig dunkel wird es nicht mehr. Wir haben zunehmenden Mond, der auf Vollmond zugeht. Wunderschön ihn so über den Wadis für uns leuchten zu sehen, leider verhindert er mit seinem Licht, dass wir den Sternenhimmel intensiv genießen können. Jeden Abend sehen wir klar und deutlich die uns bekannten Bilder des Schwan, Orion, Cassiopeia und den Delphin, sonst aber kaum weitere Sterne.
So traumhaft die Bergwelt hier ist, wir freuen uns jetzt auf neues Erleben in der Wüste. Vermutlich wird da das Netz dünner, so dass ich weder Blog noch Status werde versorgen können. Wir sehen uns dann vermutlich spätestens in Salalah.